«Raue Schönheit, direkte Blicke»

Deana-Lawson_Axis_2018

An einem regnerischen Tag in Basel. Alles fühlt sich fieberhaft vom Kater an. Das Wetter drückt die Stimmung. Kunst hilft die menschliche Qual zu ertragen. Also gehts in die Kunsthalle Basel, dort wird die aktuelle Ausstellung der 39 jährigen US-Künstlerin Deana Lawson «Centropy» gezeigt.

Die Fotoausstellung beginnt mit einem Text der britischen Autorin Zadie Smith. Treffend ist die Aussage, «[das der Blick darin] so intensiv ist, dass es die Betrachtenden sind, die sich am Ende nackt fühlen», obwohl einige Protagonist*innen auf den Fotografien nackt sind. Man erhält einen unglaublich intimen Eindruck in das Leben von einzelnen Afroamerikanischen Personen in Amerika. Sie schauen direkt in die Kamera, nichts beschönigen. Pur, rau und unangenehm wahr und doch unglaublich menschlich und schön wirken die Fotografien. Das Auge tastet die Bilder ab, sieht Widersprüchliches: eine junge, schwangere, Frau liegt nackt auf der Treppe, schon fast elegant posiert, ein einfach gestochenes Schmetterlings Tattoo ziert die Taille ihres Körpers. Dann, am zierlichen Fussknöchel, ein klobiger Tracker, eine Fussfessel. Eine Anspielung auf die moderne Sklaverei? Und doch hat die Frau diesen einen direkten, starken Blick. Als Betrachterin nehme ich keine dominierende, weisse Rolle ein. Ich bin auf Augenhöhe, wenn nicht sogar eher eingeschüchtert.

Der Raum ist gut gefüllt mit den grossformatigen Fotos und enger als sonst beieinander gereiht, was den Bildern eine andere Aura gibt. Zusätzlich werden neben den fast lebensgrossen Fotografien auch Videos (darunter ein 16mm Film), Hologramme und mehrere, verteilte kleinere Installationen gezeigt. Sie unterstützen sich gegenseitig und greifen Symbole und Gegenstände der porträtierten Menschen auf. Auffallend sind vor allem die Spiegel-Rahmen, in denen die Bilder ausgestellt werden. Sie lassen die Fotografien leichter und eleganter wirken – trotz den einfachen und manchmal abgefuckten Szenerien in denen die Menschen zu sehen sind. Ab und zu sieht man dann sein eigenes Spiegelbild, wie es von aussen die Fotografien betrachtet. Dies führt zu einer Reflexion, man wird sich bewusst, welche Privilegien man als weisse Person hat.

«Centropy» elektrifiziert, macht wach und zeigt – trotz der systematischen Unterdrückung – die Stärke, Wahrheit und Majestätik der afroamerikanischen Bevölkerung. Diese Schönheit und der Schmerz dahinter wird man als weisse Person nie ganz erlangen oder verstehen aber durch Lawsons Bilder wird man für einen kurzen Moment in diese Welt eingeladen um zu hinterfragen und bestaunen.
«Centropy» von Deana Lawson in der Kunsthalle Basel geht noch bis zum 11. Oktober. Guckt vorbei, taucht ein!

 

Foto: Kunsthalle Basel Presse, 2020